FreeStyle Libre: Glukose(kurven) scannen statt Blutzucker messen

Nun habe ich das revolutionäre Diabetes-DING für euch… ähh natürlich egoistisch in erster Linie für mich ;)… fast zwei Wochen lang getragen und dem ein oder anderen Härtetest unterzogen. Und wenn ich sage Härtetest, dann meine ich auch Härtetest. Ich habe mich damit im Dreck gesuhlt, bin durch die wildesten Flüsse gekrault und hab eine Nacht in der Sauna verbracht, um mich dann zwei Tage lang im Eisfach abzukühlen. Na ja okay, nicht ganz, habe eben Dinge getan, die mein OmniPod und mein DexStar auch mit mir durchstehen müssen. Ich mache es meinen Wegbegleitern (Moppi und Miaule eingeschlossen) keineswegs leicht, wie meine Leser auch wissen.

Von welchem Ding ich nun rede? Na von dem Ding, das derzeit in aller Diabetiker-Munde ist: das FGMS, das FreeStyle Libre von Abbott. Kurz und prägnant, heute die Vorteile und Nachteile im Blick. Bitte bedenkt, ich kann nur aus meiner persönlichen Erfahrung berichten und vorsicht, ich gehe auch auf „Luxusprobleme“ ein:

FGM-/Abbott-FreeStyle-Libre-Sensor

Vorteile 

  • Das Setzen des Sensors: geht richtig einfach und super schnell von der Hand
  • Der Sensor ist flach wie Flunder, Größe entspricht einem 2-Euro-Stück (kein Vergleich zu Dexcom/Pod). Stoßen/Hängenbleiben? Nö!
  • Sensor muss nicht die ganze Zeit in Nähe des Empfängers sein! Beim CGMS muss er das sehr wohl, sonst kappt die Verbindung und mir liegen keine Werte vor.
  • Um den Messwert abzulesen, muss der Empfänger im 30-40 mm großen Abstand in Nähe des Sensors gehalten werden, klappt auch wenn Klamotten, Fixier-Tape und Co dazwischen liegen.
  • Wasserfest: laut Herstellerseite: 30 Minuten, bis zu einem Meter Wassertiefe, ähm meiner mag Schwimmen und kann deshalb auch länger und tiefer ;).
  • Werkskalibriert: Ein Kalibrieren mit dem Blutzuckerwert ist nicht nötig!
  • Ein Sensor hält 14 Tage und kostet 59 Euro

Nachteile

  • Pflaster hält deutlich schlechter als das des CGMS (Dexcom) oder OmniPods: Nach drei Tagen musste ich den Sensor zusätzlich mit Tape fixieren.
  • Müll: leider ein zu großer Batzen, wie bei den CGM-Systemen auch.

FGM-/Abbott-FreeStyle-Libre-Sender

Vorteil: Es ist kein Sender erforderlich; das Libre besteht aus zwei Teilen, nicht wie ein CGMS aus drei Komponenten – macht das ganze deutlich günstiger. Der Sender für CGM-Systeme liegt bei 500 Euro und muss in etwa jedes halbe Jahr ausgetauscht/neu gekauft werden.

FGM-/Abbott-FreeStyle-Libre-Empfänger/Glukose-Lesegerät

Das FreeStyle Libre beweist sich beim Spinning

Vorteile

  • leicht (eher billiges Plastik)
  • Der Wert des Empfängers/Lesegeräts 59 Euro: Wenn ich 59 Euro verliere ist das weniger schmerzlich als ein CGM-Empfänger für um die 1000 Euro
  • Touch-Display, farbig mit Hintergrundbeleuchtung (wie modern ;))
  • Speichert das vollständiges Glukoseprofil bis zu drei Monaten
  • „Akku-betrieben“. Der Akku hat bei mir knapp 15 Tage (!) gehalten, obwohl ich nicht gerade selten gescannt und mit dem Empfänger „rumgespielt“ habe (neues will schließlich probiert werden).

Nachteile

  • Ich muss den Empfänger erst einschalten, bevor ich scannen kann (auch Luxusprobleme sollen wie anfangs angekündigt hier Erwähnung finden ;))

FGMS: Das Abbott FreeStyle Libre als System betrachtet

Vorteile

  • Wenn ich die Werte nicht sehen will, dann scanne ich nicht (einige empfinden das als Nachteil, wenn sie nicht ständig den Glukosewert vor Augen haben, ich hingegen möchte meine Werte nicht 24 Stunden aufgetischt bekommen)
  • Sensor muss sich nicht in Nähe des Empfängers befinden! Beim CGMS muss er das sehr wohl, sonst kappt die Verbindung und mir liegen keine Werte vor. Es entstehen mit dem FGM also keine „Aufzeichnungslücken“.
  • Preis ist natürlich relativ, ABER Gesundheit ist unser höchstes Gut und für 59 Euro für den Empfänger und 59 Euro für einen Sensor, der 14 Tage hält, kann man nicht meckern. Im Abo spart mam zusätzlich.  
  • Erste Krankenkassen haben bereits einer Kostenübernahme zugestimmt.

Nachteile

  • Kein Hypo-/Hyper-Alarm (insbesondere für Kinder wäre das vorteilhaft!)
  • Dosis des Basalinsulins kann nicht gespeichert werden
Neutral zu betrachten ist die Messgenaugkeit: Von einigen habe ich gehört, dass das System sehr ungenau misst, teils Abweichungen von 100 aufweist. Aber an welchen Vergleichswerten machen wir das fest? Misst das Blutzuckermessgerät genau? Ist es mit dem Labor abgeglichen? Misst das Labor genau? Das könnte man jetzt noch weiterspinnen…

Misst das FreeStyle Libre ungenau?

 

Coole und praktische Funktionen des FreeStyle Libre

  • Ich kann mir den Verlauf in Form eines Protokolls oder Tagesdiagramm ansehen,
  • ebenso die Durchschnittswerte, das Tagesmuster des Medianwerts (Mittelwert), die Zeit im Zielbereich und außerhalb. Ich kann entsprechende Therapieanpassungen vornehmen.
  • Ich erfahre wie oft ich gescannt habe, wie lange der Sensor noch hält
  • Zu jeder Messung kann man Ereignisse eintragen, wie etwa „Insulin gespritzt“, „Sport getrieben“, etc…praktikabel gelöst!
  • Erinnerungsfunktionen ans Scannen. Außerdem ploppt automatisch ein Fenster auf, dass beispielsweise empfohlen wird,  in ein oder zwei Stunden noch mal  den Blutzucker zu messen Glukoswert zu scannen, beispielsweise wenn mein Messwert zu hoch liegt
  • Blutketonbestimmung mit entsprechenden Teststreifen möglich!!! 
  • Ich kann das Libre als Blutzuckermessgerät nutzen, unabhängig davon ob ich einen Sensor trage oder nicht
  • Rechner für schnellwirkendes Insulin (allerdings ist diese Funktion nicht für Sensorglukosewerte verfügbar, sondern  nur  für Blutzuckermessungen). Eigentlich eine Funktion, die nur Fachpersonal zur Verfügung steht… Doch wer den Code kennt, erfährt darüber beispielsweise wie viel geschätztes Insulin im Körper (in Prozent) noch aktiv wirkt.

Mein Fazit? Alles hat so seine Vor-und Nachteile ;). Beim FGMS sehe ich die Vorteile gegenüber eines CGMS vor allem im Preis, der schnellen Handhabung, des flachen, leichten Sensors, der ohne Sender auskommt, das mir wiederholtes Blutzucker-Kalibrieren erspart bleibt (dass ich mir im Prinzip gar nicht mehr in den Finger stechen muss) und, dass ich den Empfänger/das Lesegerät nicht ständig in Nähe des Sensors tragen muss. Dass die Glukosewerte nicht permanent wie bei einem CGMS auf dem Display des Empfängers dargestellt werden, was einige Diabetiker als Nachteil des FreeStyle Libre ansehen, kommt mir ganz gelegen. Wenn ich meinen Glukosewert wissen will, dann scanne ich, dauerhaft möchte ich ihn gar nicht vor Augen geführt bekommen. Kann zur „Überreaktion“ führen, „Panik“ und damit verbundene falsche Handlung auslösen.

Schade ist, dass die Alarmfunktion bei androhenden zu hohen (Hyperglykämie) und zu niedrigen Blutzucker-/Glukoswerten (Hypoglykämie) beim FGM fehlt. Ich denke darin liegt u. a. auch der günstigere Preis begründet. Insbesondere in hektischen Situationen oder bei sportlichen Wettkämpfen ist diese Funktion jedoch sehr gewinnbringend. Bei Marathons/sportlichen Wettkämpfen bevorzuge ich definitiv das CGMS und auch Eltern, deren Kinder Diabetes haben, würde ich eher zum CGMS raten, wenn finanzierbar. Wünschenswert wäre auch noch die Möglichkeit der Kopplung/Anbindung an eine Insulinpumpe. Aber okay… Wir sind hier nicht bei „Wünsch dir was!“, sondern bei „So isses“.

In jedem Fall, sehe ich CGMS und FGMS als revolutionäre Messmethoden an und verspreche mir davon, dass der Trend der Medizintechnik nun endlich weg von einzelnen punktuellen Blutzuckerwerten, hin zu Glukosekurven geht, die Diabetiker schnellere und clevere Korrekturen ermöglichen und ihre Therapie DEUTLICH optimieren lassen! Dumm wäre jetzt natürlich, wenn die Krankenkassen FGMs für Diabetiker nicht erstatten würden. Aber Versicherer sind ja gute Mathematiker und sollten auch den gesundheitlichen Nutzen für Diabetiker begreifen ;). Also bleiben wir optimistisch!

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