Blutzucker-Training härter als Lauftraining?!

Auch dieses Jahr werde ich wieder den ein oder anderen Marathon laufen. Ich habe mich ein bisschen mit Berichten darüber zurückgehalten. Denn Schlagzeilen wie etwa „Diabetikerin läuft ihrem Diabetes beim Marathon davon“ haben mich etwas verärgert. Denn NEIN! So ist das welch Wunder nämlich nicht! Ich konnte dem Diabetes jedenfalls noch nicht entfliehen, obwohl ich für Marathons durchgehend das ganze Jahr trainiere, Sport und vor allem Laufen für mich zum Leben dazu gehört wie Zähneputzen und Blutzuckermessen. Die Frage, die mir häufiger gestellt wird: „Ist Blutzucker-Training  härter als Lauftraining?“, werde ich heute beantworten.

Blutzucker-Training härter als Lauftraining? I RUN ON INSULIN: Na ja, im Prinzip tut das ja jeder ;)

I RUN ON INSULIN: Na ja, im Prinzip tut das ja jeder 😉

Quälgeist Diabetes

Beim Lauftraining ist mein Diabetes gern ein Quälgeist. Na obwohl, vielmehr eigentlich dann direkt bei den Wettkämpfen wie etwa 10-Kilometerläufen, Halbmarathons, Marathons, 24-Stunden-Läufen, … wenn vermehrt Adrenalin (als Gegenspieler des Insulins) ins Spiel kommt.

Ich trainiere meine Blutzuckerwerte mindestens genauso hart wie meine Beine

Blutzucker-Training macht aber weniger Spaß als das Lauftraining an sich ;). Denn dabei passieren oft noch mehr „Missgeschicke“/“Unfälle“. Und um das zu vermeiden, habe ich immer wieder das Verhalten meines Blutzuckers auf unterschiedlichen Kilometerstrecken getestet.

Blutzucker-Teststrecken: Wie verhält sich der Blutzucker während des Laufens?

Blutzucker-Training härter als Lauftraining? Blutzucker-Laufteststrecke auf meinem Laufband

Blutzucker-Laufteststrecke auf meinem Laufband 😉

Wie verhält sich der Blutzucker bei 5, 10, 15, 20, 30, 40… Laufkilometern. Natürlich nicht immer gleich, dennoch ist ein Muster erkennbar. So weiß ich, wie ich meine temporäre Basalrate in etwa für die geplanten, unterschiedlichen Laufstrecken absenken und zu welchem Zeitpunkt ich Kohlenhydrate zuführen muss, um keine Ketose und damit Leistungseinbußen zu erfahren. Natürlich beziehe ich die Faktoren, aktuelle Blutzuckerwerte, Tageszeit, Wetter, Trainingsform, Stimmung und nicht zuletzt die aufgenommene Kohlenhydratmenge auch mit in meine Berechnungen ein.

Hat ja niemand gesagt, dass Diabetes einfach ist

Oft muss ich dann trotz Anpassung des Insulins meine Blutzuckerwerte noch korrigieren. Dank Dexcom und Libre klappt das aber sehr gut, ich habe meine Werte ständig im Blick, kann spontan Insulin spritzen oder essen. Meine vielen verschiedenen Baslaratenprofile haben sich aber auch bewährt, die ich aus gesammelten Erfahrungen über Monate/Jahre hinweg herausarbeiten konnte und die ich ständig wieder erneut überarbeiten muss. Aber eine gute Basis hat man damit in jedem Fall.

Was ich aus dem Blutzucker-Training gelernt habe

Eine pauschale Empfehlung, wie stark die temporäre Basalrate/bzw. das Basalinsulins auf oben aufgeführten Teststrecken reduziert werden sollte, kann ich natürlich nicht geben, denn wir haben alle einen unterschiedlichen Insulinbedarf, vor allem auch im Sport. Ist ja auch vom aktuellen Trainingszustand abhängig.

Eine „besondere“ Erkenntnis, die ich allerdings bei allen Läufen gemacht habe: nach dem Laufen steigt mein Blutzucker an, ich benötige eine Einheit extra Insulin. Nach Wettkämpfen sogar 2-3 I. E. oder mehr. Und auch vor Wettkämpfen benötige ich eine zusätzliche Einheit Insulin (mehr nicht, dabei bin ich sehr vorsichtig), da kurz nach Start der Blutzuckerwert sonst zu hoch ansteigen würde, ich bin einfach immer noch zu aufgeregt ;), vor allem bei 10 Kilometer-Wettkämpfen. Interessant ist, dass der zusätzliche Bolus zwar nach jedem Lauf nötig ist, nicht aber nach dem Spinning-/Rad, Kraft-, Yoga, Trampolin- oder Schwimmtraining.

Lass uns spontan ne Runde laufen, ist nicht!

Meine lieben Lauffreunde, so nicht ;). Das funktioniert nicht. Mit einem Blutzuckerwert von 80 mg/dl kann ich nicht spontan losrennen. Ich muss meine Läufe planen, wenn auch Dank Insulinpumpe vieles einfacher geworden ist. Ahh verdammt, genau darum beneide ich Stoffwechselgesunde!

Ist Blutzucker-Training härter als Lauftraining?

Jepp, weil ein noch so austrainierter Blutzucker oft noch unerwartete Überraschungen mit sich bringt (zumindest darauf ist Verlass ;)). Aber immerhin spannend ist es in jedem Fall.

Ich hoffe, dass nach Lesen dieses Artikels jedenfalls jedem bewusst geworden ist, dass Blutzucker-Training härter ist als Lauftraining 😉 und natürlich auch, dass man dem Diabetes nicht davon laufen kann, so sehr man es manchmal auch gern möchte.
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