Dieser Weg wird kein leichter sein: Wanderung Malcesine Monte Baldo

Mir ist es sehr wichtig, euch von unserer Wanderung von Malcesine (Gardasee Italien) auf den Monte Baldo zu berichten, insbesondere, weil es definitiv (wie schon angedeutet) kein Spaß war (na gut, im Nachhinein schon) 😉 und weil wir trotz Zeit-intensiver Recherche dazu keine brauchbaren Erfahrungsberichte im Netz gefunden hatten. Mit Ausnahme eines Berichts, dessen Autor die Wandertour sehr „verharmloste“: Er sei mit seinem 5-jährigen Kind dem Monte Baldo hinunter bis nach Malcesine gewandert. Die Rede war von 12 Kilometern ohne große Hindernisse.

Okay, was ein 5jähriges Kind Berg runter schafft, sollten Moppi und ich ja wohl auch Berg rauf schaffen. Einen Tag zuvor sind wir bereits knapp 25 Kilometer von Malcesine aus nach Riva zur Omkafe-Rösterei gewandert – und das bei Temperaturen um die 36 Grad. Die „lächerlichen“ 12 Kilometer mit etwas Steigung (2000 Höhenmeter) packen wir dann ja wohl locker, dachten wir. Für mich war aber von Anfang an klar, dass wir auch wieder hinunter gehen werden, denn in eine Seilbahn steige ich definitiv NICHT ein. Seilbahnen sind mir mindestens so unsympathisch wie Fahrstühle.

Das Wandern ist des Diabetes‘ Lust

Nach dem Frühstück ging es los, in unseren Rucksäcken steckten jeweils 1,5 Liter Flüssigkeit. Ansonsten war Hendriks Rucksack mal wieder vollbepackt mit unnützen Dingen: Kronkorken, Papiermüll, USB-Stick… Na ja so kenn und lieb‘ ich ihn ;). Ich hatte immerhin noch einen Apfel eingepackt, zudem immer mit dabei: 2 Ersatz-Pods, Ersatz-Batterien, DailyDose (konnte noch Restbestände ergattern, wird ja nicht mehr vertrieben) mit Insulin gefüllt, Blutzuckerteststreifen (falls mein FGM-Sensor ausfallen sollte) und Stechhilfe. Man weiß ja nie.

Ein letzter Blutzucker-Check vor Start der Wanderung: 125 mg/dl. Die Basalrate meiner Insulinpumpe (OmniPod) hatte ich zunächst für eine Stunde komplett ausgeschaltet. Die ersten 7 Kilometer bis zur Mittelstation der Seilbahn verliefen problemlos. Danach wurde es nach und nach jedoch immer steiler.

Der Weg von Malcesine hinauf auf den Monte Baldo

Der Weg von Malcesine hinauf auf den Monte Baldo

Der Blutzucker war okay, ABER…!

Interessantes Schild: Wanderung Malcesine Monte Baldo

Ähhm ja… Interessantes Schild

Ab Kilometer 10 etwa bekam ich Herzrasen, wurde kurzatmig, was definitiv nichts mit meiner Kondition zu tun hatte. Mir war auch schummerig und meine Augenlider fingen an zu zucken.

Der Blutzucker war okay, daran lag es nicht. Ich hatte diesen halbstündig kontrolliert und die Basalrate die meiste Zeit um 60 Prozent abgesenkt und erst gegen Ende hin wieder normal laufen lassen. Das hat in dem Fall super gepasst.

DID NOT FINISH ist für mich keine Option: Was ich will, das will ich…

Tja, was willst du tun, wenn dir Mitten in der „Wildnis“ die Luft wegbleibt? Plötzlich bekam ich genau deshalb auch Panik, was meinen Gemütszustand noch verschlechterte. Hendrik nahm meine Hand und meinte, dass wir jetzt sofort zurück gehen. Doch wer mich kennt weiß, dass DID NOT FINISH für mich keine Option ist! Was ich will, das will ich… Hätte ich mir bloß noch Magnesium eingesteckt. Die Anzeichen dafür erkenne ich mittlerweile sehr gut. Mit Magnesiummangel, Eisenmangel und Vitamin-B-Mangel schlage ich mich ab und zu immer mal wieder rum. Nun gut, 10 Kilometer hatten wir bereits hinter uns, sind ja laut des Erfahrungsberichts, den wir im Netz gefunden hatten, nun nur noch zwei und die schaffe ich jetzt auch noch (ohne groß darüber nachzudenken, dass ich ja auch noch wieder hinunter muss).

Mir ging es etwas besser, nachdem wir einen kurzen Stopp eingelegt, ich den letzten Schluck Wasser getrunken und Hendrik mich etwas beruhigt hatte.

Dieser Weg wird kein leichter sein: Auf allen Vieren ging es immer weiter Berg aufwärts

Nach 13 Kilometern wunderten wir uns dann aber doch sehr, dass immer noch kein Ende in Sicht war. Mittlerweile war es schon so steil geworden, dass ich auf allen Vieren in meinen Nicht-Wanderschuhen 😉 auf den Monte Baldo kriechen musste. Weit konnte es doch nicht mehr sein, ODER?

Wir befragten dazu nun Wanderer, die uns entgegenkamen. FALSCHE ENTSCHEIDUNG! So sagte man uns, dass uns noch ein steiniger Weg (im wahrsten Sinne des Wortes) erwarten würde. Sie seien knapp 1,5 Stunden vorher am Gipfel aufgebrochen, den wir ja erreichen wollten. Das hat gesessen und vor allem motiviert – Nicht! Sie guckten uns zudem unglaubwürdig an „Ihr seid wirklich von ganz unten, von Malcesine aus, hier rauf? Das macht aber kaum jemand. Wäre dann besonders ärgerlich, wenn ihr jetzt umdreht, die Aussicht oben ist atemberaubend.“

Mental erschöpft: Unsere Nerven lagen blank, aber Motivation nahte zum Endspurt hin

Mittlerweile lagen auch Hendriks Nerven richtig blank. Wir hatten uns kurz auf eine Bank niedergelassen und gegenseitig etwas „ausgeheult“, bis ich die Initiative ergriff und meinte „komm packen wir es an“.

Auf unserem „Endspurt“ kam uns dann aber glücklicherweise noch ein Mountainbiker entgegen. Sein Vorhaben: Über riesige Stolpersteine den steilen Abhang hinunter düsen, den ich auf allen Vieren versuchte hinauf zu klettern. Mhh, OMG! Sein Vorhaben schien aber auch zu scheitern, er schob sein Fahrrad. Er war derjenige, der uns allerdings für die letzten Höhenmeter motivierte. „Jetzt ist es nicht mehr weit, es wird zwar noch deutlich steiler, aber es sind höchstens noch eineinhalb Kilometer.“

Plötzlich war die Motivation wieder da.

Mental erschöpft: Ankunft auf dem Monte Baldo (Wanderung Malcesine Monte Baldo)

Mental erschöpft: Ankunft auf dem Monte Baldo (Wanderung Malcesine Monte Baldo)

Zieleinlauf: Das war Marathon!

Zieleinlauf Wanderung Malcesine Monte Baldo

Schöner als der Zieleinlauf beim Marathon 😉 . Ankunft Monte Baldo

Wir sind dann auch oben angekommen. Dieses Gefühl ähnelte dem eines Zieleinlaufs beim Marathon.  Falsch, es war fast schöner, zumindest erleichternder!

Jetzt wollt ihr wissen, wie es da oben war? Weiß ich nicht. Ernsthaft, wir waren völlig ausgetrocknet und nur noch in der Lage, uns in der Gasstätte literweise(!) mit Getränken einzudecken.

Mit Ausruhen und Aussicht genießen und so war leider nicht viel, denn wenn wir uns nicht gleich in die ewig lange Schlange der Seilbahn-Passagiere eingereiht hätten, um noch eine der letzten Seilbahnen hinunter zu erwischen, hätten wir wohlmöglich den Weg hinunter auch noch wandern müssen.

Ja, ihr habt richtig gehört, ich habe tatsächlich die Seilbahn der Wanderung hinunter vorgezogen!

Fazit: Was ich aus dem Monte-Baldo-Trip gelernt habe?

  1. Verlass‘ dich nicht auf Erfahrungsberichte im Netz!
  2. Bezwinge den Tiger als Mietzekätzchen, nicht umgekehrt, um motiviert zu bleiben und
  3. stell dich deinen Ängsten, um sie zu besiegen!

Ach ja, die verpasste Aussicht auf den Gardasee und die Umgebung haben wir zum Glück ein paar Tage später beim Paragliding nachholen können ;).

 Aussicht vom Monte Baldo

Aussicht vom Monte Baldo

Geteilte Freude ist doppelte Freude!Share on Google+Share on FacebookTweet about this on TwitterPin on Pinterest