Schwerbehindertenausweis: ja, nein, vielleicht oder doch nicht?

Die Sache mit dem Schwerbehindertenausweis sorgt immer für viel Furore unter Diabetikern… Ja, nein, vielleicht oder lieber doch nicht ;)?

Ich habe einen Schwerbehindertenausweis!

Meine Tätigkeit als Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit beim Deutschen Diabetiker Bund habe ich niedergelegt. Ich befand mich also bis vor kurzem in einer Bewerbungsphase und hatte das ein oder andere Vorstellungsgespräch.

Mein Schwerbehindertenausweis hat mich aber sicherlich nicht dazu getrieben, mich nur auf Stellenanzeigen zu bewerben, bei denen Schwerbehinderte bevorzugt eingestellt werden. Ganz im Gegenteil: siehe „Selbstsicher mit Diabetes im Job„.

Schwerbehindertenausweis Diabetes Typ 1, ehrlich und offen im Bewerbungsgespräch "vorgelegt."

Schwerbehindertenausweis Diabetes Typ 1, ehrlich und offen im Bewerbungsgespräch „vorgelegt.“

In jedem Vorstellungsgespräch habe ich mit offenen Karten gespielt, auf meinen Diabetes und auch meinen Schwerbehindertenausweis hingewiesen. Die besseren Erfahrungen habe ich allen Erwartungen entgegen sogar in den Bewerbungsgesprächen gemacht, in denen Schwerbehinderte nicht explizit (Hinweis in Stellenanzeige) bevorzugt wurden. Ab Spetember arbeite ich nun als Online-Redakteurin bei einem Unternehmen in Hannover, das NIX, wenn dann nur sehr indirekt, mit Diabetes zu tun hat. Das war mir sehr wichtig! Denn der Diabetes darf meiner Meinung nach nicht rund um die Uhr das einzige Thema im Leben sein.

Was spricht für einen Schwerbehindertenausweis?

Wenn ein Unternehmen einen Schwerbehinderten einstellt, hat das meiner Meinung nach sogar auch Vorteile. Folgende Aspekte habe ich auch in den Gesprächen noch einmal verdeutlicht:

  • Schwerbehinderte sind meist loyal und motivierter (nicht zuletzt aus Dankbarkeit).
  • Kunden honorieren es, wenn ein Unternehmen mit der Einstellung von schwerbehinderten Bewerber soziale Verantwortung übernimmt.
  • Dem Unternehmen werden Fördermittel zur Verfügung gestellt.
  • Unternehmen müssen Ausgleichsabgaben zahlen, wenn ein bestimmter Anteil schwerbehinderter Angestellter, abhängig von der Größe des Unternehmens, nicht erreicht wird.
  • Schwerbehinderte sind oft vollwertige Arbeitskräfte.
  • Während der Probezeit können auch Schwerbehinderte gekündigt werden.
  • Speziell auf mich/viele Typ1er bezogen: Der Diabetes hat mich zu mehr Eigenverantwortung, Disziplin, Ehrgeiz und Motivation getrieben.

Was spricht gegen einen Schwerbehindertenausweis?

Damit leite ich zu den Punkten über, die ein Unternehmen dazu veranlassen könnte, Schwerbehinderte nicht einzustellen:

  • Schwerbehinderter kann Überstunden ablehnen
  • Kündigungsschutz macht Unternehmen Sorge
  • Die fünf zusätzlichen Urlaubstage die Schwerbehinderten zustehen

Ich stelle fest, die Vorteile überwiegen ;). Ich weiß, viele Diabetiker (mit oder ohne Folgeerkrankungen) fühlen sich nicht „schwerbehindert“. Dieses Wort hinterlässt einfach einen bitteren Beigeschmack. Ich sehe das so: Es kann schon passieren, dass ich einmal auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen bin, beispielsweise bei einer schweren Unterzuckerung. Die fünf zusätzlichen Urlaubstage, die mir durch den Schwerbehindertenausweis zustehen, finde ich gerechtfertigt. Schließlich muss ich auch viel Zeit bei Ärzten verbringen und auch im Alltag raubt mir der Diabetes kostbare Zeit. Die Steuervorteile, die ich durch den Schwerbehindertenausweis habe, gehen für Medikamente und Therapiehilfsmittel locker wieder drauf.

Es bleibt einem selbst überlassen einen Schwerbehindertenausweis zu beantragen. Bei mir hat es auch 11 Jahre gedauert, bis ich mich dazu durchgerungen habe. Ich bereue meine Entscheidung jedoch nicht!

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