Diabetes-Pannen: So bin ich gut gewappnet für einen Blutzucker-Trail und ein mögliches Horrorszenario! 

Diabetes-Pannen erleben wir alle zur Genüge: Unverhofft kommt oft… Freitag war es mal wieder so weit, dass der Diabetes mir meinen Urlaubstag vermiesen wollte! Das hat mich dazu bewegt, diesen Beitrag zu schreiben!

Von vorn: Ich hatte mir kurzfristig einen Tag Urlaub nehmen können, um meinen Geburtstag mit meinem Mann auf dem Mountainbike im Harz spontan nachzufeiern. Zug-Tickets hatten wir einen Abend zuvor bereits gekauft, unsere Tour im Harz hatten wir (zumindest etwas ;)) geplant, Diabetes-Kram war gepackt. Wenn ich das erst kurz vorher mache, vergesse ich die Hälfte. Deswegen ist das bereits am Vorabend Programm…

Diabetes-Pannen vs. Rad-Pannen

Was nehme ich mit, wo verstaue ich was am besten?„; auch nach fast 20 Jahren läuft das immer noch nicht locker, flockig von der Hand, auch wenn man schon in Sachen  „Zeitmanagement mit Diabetes“ alles ganz gut durchdacht hat, siehe: „Simplify your life with diabetes„. Aber man hat ja doch wieder das Wichtigste vergessen. Bei einem Marathon waren es beispielsweise mal die Ersatz-Batterien für meine Insulinpumpe… Alle Eventualitäten, Umstände und möglichen Diabetes-Pannen müssen eben bedacht werden, um nicht noch mehr ins Schwitzen zu geraten. Und die Pannen können je nach Vorhaben völlig variieren.

Mountainbiking beispielsweise ist ein ganz anderes Training als Training im Fitnessstudio. Wenn du dich verfährst, irgendwo im „Busch in Timbuktu“ landest und deine Insulinpumpe den Geist aufgibt und du keinen Ersatz-Pen bzw. Insulin + Spritze dabei hättest, dann hättest du ein GROSSES Problem. Ebenso könnte man sich im „Busch“ ohne Kohlenhydrate, in welcher Form auch immer, in große Gefahr begeben.

(Stoffwechsel-)Gesunde denken da hingegen vielmehr an mögliche Reifen- oder Fahrrad-Pannen, die wir natürlich auch noch mit bedenken müssen. Bei mir lagert neben Ersatz-Schlauch und Tool-Kit in der Satteltasche noch Notfall-Insulin und Ersatz- Insulinspritze 😉, siehe Foto. Und nun versuch‘ bei dem Anblick mal jemanden klar zu machen, dass das keine Drogen sind. Aber das ist ein anderes Thema!

Diabetes-Pannen: Besser gut gewappnet

Plötzlich Adrenalin, plötzlich kein Weg mehr, plötzlich Berg: Der Blutzucker-Trail ruft

Stoffwechselgesunde haben noch den RIESIGEN Vorteil, dass wenn da plötzlich ein Berg oder plötzlich kein Weg mehr ist 😉 oder sie einen Flow erleben oder deren Körper bei einer Downhill-Strecke voller Adrenalin steckt, deren schlauer Körper weiß, was er zu tun hat… Mein Körper ist in der Hinsicht eben ein bisschen dumm ;-P. Er ist nicht mehr in der Lage, Insulin auszuschütten. Wir Diabetiker müssen das vorausschauend bestmöglich mit den Hilfsmitteln, die uns zur Verfügung stehen (und die wir natürlich ALLE IMMER AUSREICHEND incl. + ERSATZ UND SO bei uns führen) selbst managen.

Ein wortwörtlicher Blutzucker-Trail war jedenfalls auch am Freitag bei mir Programm. Dank OmniPod und Libre, bekomme ich sowas meistens ganz gut in den Griff. Besonders ärgerlich war jedoch, dass scheinbar mein Pod/Katheter nicht richtig saß (hatte ich kurz vor Abfahrt neu setzen müssen) und ich schon mit einem Wert von 271 mg/dl in den Zug einsteigen musste. Zumindest war das meine (falsche) Vermutung. So hat das Diabetes-Gedanken-Karussell schon Fahrt aufgenommen, bevor ich überhaupt im Harz angekommen war:

  • Sitzt der Pod wirklich nicht richtig, so dass kein Insulin ankommt?
  • Sind es die Hormone? Die Aufregung, die Freude?
  • Das Wetter?
  • Egal wie, wie viel Insulin wirkt da gerade in meinem Körper oder vielmehr nicht?

Wie viel Insulin wirkt da gerade in meinem Körper oder vielmehr nicht? Was tun?

Ich habe vorsichtig, erstmal nur eine Einheit Korrektur (mit der Einwegspritze) gespritzt, denn ich wusste ja, das so einige Höhenmeter erwarten, die durchaus anstrengend sein können ;). Eine Einheit Insulin senkt bei mir den Blutzucker um etwa 30-40 mg/dl. Als ich eine Stunde später, kurz vor Tour-Start feststellen musste, dass mein Blutzucker immer noch bei knapp 300 mg/dl lag, habe ich mir nach Abwägen aller Eventualitäten überlegt, dass ich nochmals etwas Korrektur spritze, auch diesmal entschied ich mich für nur eine geringe Menge Insulin: 0,8 I.E. Diese habe ich bewusst mit der Insulinpumpe abgegeben, auch wenn empfohlen wird, Korrektur via Pen oder Spritze statt mit der Insulinpumpe abzugeben. Denn nur so kann ich letztendlich feststellen, ob die Ursache für die hohen Blutzucker, die Insulinpumpe ist oder etwa Hormone, Infekt, etc. pp. dafür verantwortlich sind.

Ich hatte mich zudem auch entschieden die Insulin-Basalrate um 70 Prozent abzusenken. Bei zu hohen Blutzuckerwerte die Basalrate abzusenken hört sich erst mal nicht richtig an. War es aber! Bereits nach 20 Minuten Bergauf-Fahrt mit dem Bike, lag mein Blutzucker bei 99 mg/dl. Jetzt musste ich schon wieder aufpassen nicht in die Unterzuckerung abzurutschen und deshalb habe ich einen 2-BE-Eiweißriegel mit Chia-Samen 😉 gegessen. Wieso Eiweißriegel mit Chia-Samen? Weil ich weiß wie er bei mir wirkt, eben gleichmäßiger und nicht schnell und direkt. Bei 99 mg/dl und geplanter kurzer Pause und weiterhin gesenkter Basalrate war das genau die richtige Entscheidung. Blutzucker wieder top und endlich kamen Flow und Urlaubsstimmung auf! Ich habe keine weiteren Diabetes-bezogenen Katastrophen zu berichten ;), möchte euch zu guter Letzt nur noch beschreiben, wie ich vorgehe, um ein Diabetes-Horror-Szenario vorzubeugen. Zunächst für Interessierte aber ein paar Fotos:

So bin ich gut gewappnet für ein Diabetes-Horror-Szenario

Die wohl wichtigste Frage: Was kann schlimmsten Falls passieren?
  • Lost in Timbuktu (Rettungsdienst kommt nicht an Unfallstelle) und ein Ausfall der Insulinpumpe mit Folge Keto-Koma? Also überlege ich: Wie kann ich einen Insulinpumpenausfall „reparieren“ oder auch vorbeugen? Ersatz-Batterien, neue Katheter/Pods, etc.pp einstecken. Außerdem:
  • Was wenn die Insulinpumpe defekt ist? Ausreichend Insulin und Einwegspritze zusätzlich einpacken. Gekühlt, wenn nötig.
  • Ausfall Sensor/Messgerät? Ich nehme die guten alten Urin-Test-Streifen mit, wenn es nicht zu viel Gepäck werden darf, ansonsten ein Mini-Ersatz-Messgerät mit neuen Batterien/voll aufgeladener Akku und zugehörigen Teststreifen.
  • Stechhilfe? Da nehme ich nur die Lanzetten mit, die sind so klein und leicht und ich scheue mich nicht, mir damit in den Finger zu stechen. Ansonsten gibt es ja auch Mini-Stechhilfen.
  • Unterzuckerung? Diese Frage erübrigt sich, ich habe immer Not-BEs in jeder Tasche. Ausreichend zu trinken sowieso, vorzugsweise Elekrolytgetränke mit Ingwer gemischt.
  • Bewusstlos? Notfall-Ausweis mit allen wichtigen Daten und was im Falle eines Falles zu tun ist kann in jedem Fall nicht schaden!
Alles andere wie Handy, Geld, Regen-/Windausrüstung, Schutzkleidung etc. pp. entscheide ich je nach Situation/Vorhaben/Dauer.
Die für Diabetiker interessanteste und wichtigste Frage bleibt natürlich: Wieviel Insulin ist gerade aktiv und wie oder warum wirkt es nicht? Diese Frage bleibt leider unbeantwortet. Wir wissen es nicht, wir können diese Frage nicht beantworten. Ebenso wenig wie wir nicht wissen, welche Hormone aktuell gegen das Insulin ansteuern. Und noch weniger können wir die Hormone berechnen oder sie überlisten. Mit der kontinuierlichen Glukosemessung und den Trendpfeilen, haben wir aber einen „in-etwa-Zukunftstrend“, eine Vorschau unserer Werte und können meistens rechtzeitig kleineren und größeren Blutzucker-Katastrophen vorbeugen! Irgendwann wird es vielleicht auch die letzte Krankenkasse verstehen, wie wichtig diese Systeme für uns Diabetiker sind!
In diesem Sinne liebe Schätzmeister und Insulinjunkies, lasst euch von der Diabetes-Spaßbremse nicht aufhalten oder gar unterkriegen, sondern habt Spaß, kämpft darum, dass ihr die besten Hilfmittel bekommt. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass all das nicht immer ganz einfach ist! Mein Diabetes ist nämlich auch son Arschloch 😉 wie deiner!
Geteilte Freude ist doppelte Freude!Share on Google+Share on FacebookTweet about this on TwitterPin on Pinterest