Wie ich Diabetes-Rebell mich nicht an die Diabetes-Regeln halte…

Zeit für ein Diabetes-Refreshing! Mein Alltag hat sich verändert, Anpassungen der Diabetes-Therapie sind also Programm. Wieso, weshalb, warum und was genau… sollt ihr heute erfahren. Dieser Artikel soll auch noch mal verdeutlichen, dass so’n Typ 1 Diabetes kein Zuckerschlecken ist. Dass es eben KEINE Bedienungsanleitung und keine konkreten Diabetes-Regeln für diese chronische Krankheit gibt. Das ich eben mit dem Sch… auf mich alleine gestellt bin. So durfte ich mir aktuell im Fitnessstudion von einer Studentin anhören, dass ihr Onkel an Diabetes schon sehr früh gestorben sei. Mit dem schlauen Spruch hinterher: „… aber du hältst dich ja daran, mein Onkel hat ja auch nicht danach gelebt.“ Nach was bitte gelebt? Nach einer Anleitung, die ihm sein Arzt vorgeschrieben hat??? Ganz ehrlich, je länger ich über diese Aussage nachdenke, desto besch… finde ich sie! Warum sollt ihr noch erfahren.

Veränderungen im Alltag: neue Projekte, Ängste und wenig Schlaf

Aber von vorn: Die Zeitumstellung habe ich irgendwie ganz verpennt, Ostern habe ich verhüpft und Choreos für meine Jumping-Fitness-Kurse einstudiert. Irgendwie hatte ich auch Urlaub, der völlig untergegangen ist. Zu sehr war ich mit neuen freiberuflichen Projekten beschäftigt, die zwar Spaß machen, aber mich auch ordentlich fordern und viel Zeit fressen. Da ich fast nur noch redaktionell im Diabetes-, Ernärungs- und Sportbereich tätig bin, kann ich das alles aber sehr gut miteinander verbinden. Zwischendruch, wann immer noch Zeit blieb, bin ich raus, laufen, ins Fitnessstudio und auch wieder aufs Rennrad für längere Touren gestiegen, um meine Ängste, die nach dem Radsturz noch großes Thema sind, zu bewältigen. Letzteres war nicht nur für mich, sondern auch für das Diabetesmanagement eine große Herausforderung. Denn Ängste, Stress beeinflussen meinen Blutzucker ungemein.

Tja und dann sind da noch die vielen Küchenexperimente, an die ich mich nicht ganz eigenützig gewagt habe/wage. So stand ich in den letzten Wochen und Monaten nahezu jeden Tag mehrere Stunden in der Küche. Woah, neue Rezepte zu entwickeln ist, bei den harten Anforderungen, die ich mir selbst stelle, echt kein Zuckerschlecken. Im wahrsten Sinne des Wortes. Einige Rezepte habe ich bis zu sieben Mal getestet und neu entwickelt. (Ein paar Bilder habt ihr schon auf meiner Facebook-Seite und/oder Instagram gesehen). Aber ich weiß, wofür ich das tue und werde euch diesbezüglich zur gegebenen Zeit mehr dazu verraten. Könnte sicherlich interessant und hilfreich werden, für den ein oder anderen unter euch ;).

Diabetes-RegelnZwischen diesen ganzen neuen Vorhaben und Veränderungen im meinem Leben darf natürlich der Diabetes nicht zu kurz kommen. All das, was gerade passiert, die Veränderungen in meinem Leben und neuen Projekte machen mir zwar sehr viel Spaß. ABER… Mein Alltag hat sich im letzten halben Jahr wirklich sehr stark verändert und richtig, der Diabetes damit auch.

Anpassungen meiner Diabetes-Therapie: Diabetes-Refreshing

Meine Basalrate musste ich komplett überdenken und überarbeiten, das passte nicht mehr. Ständig musste ich die Blutzuckerwerte manuell korrigieren oder Traubenzucker einschmeißen. Nun habe ich auch mal wieder ein paar Basalratentests durchgeführt, wobei ich wieder feststellen musste, dass sie nur etwas bringen, wenn ich sie mehrfach an verschiedenen Tagen zu meinen „Problemzeitzonen“ wiederhole. Und selbst dann sind sie manchmal eher verwirrend als hilfreich.

Jeder Tag verläuft bei mir so ziemlich komplett anders als der Tag zuvor. Da ist kaum Regelmäßigkeit drin… So ist es wirklich schwierig, eine Basis zu finden. Ich lebe viel von der Hand in den Mund und das macht meine Diabetes-Therapie nicht einfacher.

Ein paar Dinge konnte ich gut anpassen, wenn ich das meiste auch individuell tagtäglich tun muss:

  • Morgens (ja auch vorm Training) brauche ich wieder einen Aufsteh-Bolus. Eine Einheit, um den Kreislauf in Schwung zu bringen. Eine zeitlang habe ich diese nicht benötigt, nun doch wieder. Warum? Weiß ich nicht. Hormonelle Veränderungen? Ich spritze also eine Einheit Insulin vorm Aufstehen, jeden morgen. Dies kann nicht automatisch über meinen PDM/OmniPod laufen lassen, sondern muss manuell den Bolus abgeben.
  • Nachts, um zwei Uhr benötige ich einen Bolus von 2 I.E. Das heißt Wecker stellen. Da frage ich mich, warum ich meine Insulinpumpe nicht so programmieren kann, dass sie nachts automatisch diesen Extra-Bolus abgibt?
  • In den letzten Monaten ist mir verstärkt aufgefallen, dass das Insulin entscheidend besser wirkt, wenn mein Gewebe warm ist, die Stellen gut durchblutet sind. Im Winter hatte ich Frostköttel da echt Probleme. Schade, dass die Pods nicht mit einem Virbrationsmechanismus ausgestattet sind, so dass die Stelle stetig massiert wird ;).
  • Positiver Stress bedeutet bei mir super Blutzuckerwerte. Ganz anders sieht das hingegen bei anhaltendem, negativem Stress aus. Richtig schwierig zu planen. Funktioniert nicht wirklich.
  • Wenig Schlaf… Kam in letzter Zeit zu häufig vor. Schließlich waren meine Tage von früh bis spät prall mit Terminen und Aufgaben gefüllt. Nachts bekam ich wenig Schlaf. Dabei viel mir auf, dass ich dann am nächsten Tag bis zu 20 Prozent mehr Insulin benötige. Also habe ich auch an Tagen nach schlaflosen Nächten die temporäre Basalrate erhöht.
  • Piiiiiiiep, Tragedauer indivisualisieren? Nach drei Tagen läuft mein Pod erst richtig rund. Gerne würde ich ihn 5 Tage tragen können. Nicht nur drei Tage, wie vom Hersteller vorgesehen (inoffiziell plus 8 Stunden). Könnte man hier nicht drei Tage und inoffiziell 48 Stunden ranhängen? Dies würde natürlich wieder niemand gut heißen.
  • Schneller wirksames Insulin dringend nötig! Ich nutze das Insulin Fiasp, schnelleres gibt es hier noch nicht. Bei Fiasp brauche ich keinen Spritz-Ess-Abstand (SEA) einzuhalten… So war es mal. Mittlerweile benötige ich diesen trotzdem, wie bei Humalog. Warum, weiß ich nicht. Mhh… Also doch wieder SEA einplanen?
  • Ohne Sport wirkt nichts. Wie sich der Körper doch an Sport und auch blutzuckerfreundliches Essen gewöhnt! Krass. Mein Körper fordert Sport, ohne Sport wirkt das Insulin nicht richtig. Früher konnte ich auch mal einen Tag pausieren, wenn ich den Tag zuvor nen Marathon gelaufen bin oder richtig Gas gegeben habe. Heute kann er sich kaum damit abfinden. Da kann ich Insulin spritzen ohne Ende und es passiert kaum etwas. Sobald ich mich dann aber nur etwas bewege, wirkt alles auf einmal. So kommt es auch mal vor, dass mitten in der Nacht aufstehe, um den Blutzucker „runterzusporteln“. Was tut man nicht alles.
  • Essensgewohnheiten… Im Stress isst man anders, auch wenn sich Dinge im Alltag verändern, isst man anders. Mal mehr, mal weniger und zu anderen Zeiten. Ich esse momentan etwas mehr, dafür aber andere Dinge, weil ich im Rahmen meines Projekts gerade sehr viele neue Rezepte probiere und dessen Auswirkung auf Körpergewicht und Blutzucker erprobe. Ehrlich gesagt ist für mich das Schätzen von Kohlenhydraten/BEs weniger problematisch, als das Kalkulieren der ganzen anderen Einflussfaktoren, wie Wetter, Stress, zu wenig Schlaf etc. pp.

Alles was ich an Veränderungen und Auffälligkeiten anpassen kann, passe ich an. Eben alles, was in meiner Macht steht. Der Diabetes hat seine eigenen Regeln. Nun halte ich mich daran? Lebe ich danach, wie es die eingangs erwähnte Studentin aus dem Fitnessstudio gesagt hat? Welche Regeln meint sie? Mann, so einfach ist das nicht. Warum rege ich mich über solche Kommentare eigentlich auf? Sie hat halt keine Ahnung. Da ist wieder dieses typische denken, „dick, dumm, Diabetes“ und dann „iss halt weniger, treib mehr Sport und halt dich an das, was der Arzt sagt. Prof. Dr. Dr. wirds schon wissen.“ Schönen Dank auch, ich könnt brechen! Der weiß nichts über meinen Diabetes. Klar brauche ich seine Unterstützung, aber das wars dann auch. Mit meiner Krankheit bin ich auf mich alleine gestellt!

Abgesehen davon, würde ich NIE auf die Idee kommen, jemanden der eine chronische Krankheit hat, zu erzählen, dass daran Person XY auch gestorben sei.

Geteilte Freude ist doppelte Freude!Share on Google+Share on FacebookTweet about this on TwitterPin on Pinterest