10. Hochzeitstag! Traubenzuckerküsse im Baumhaus: Jetzt wird’s romantisch…

Unseren 10. Hochzeitstag verbringe ich just mit meinem Mann im Baumhaushotel im Solling. Ja der 10te! Ich glaube es selbst nicht. Wie konnte es mein Mann nur so lange mit mir aushalten? Fast 14 Jahre sind wir zusammen und wir haben wirklich viel miteinander erlebt. Ich kann sagen, Hendrik ist das Beste, was mir je passiert ist. Wir haben uns im Studium (wir haben beide Technische Redaktion in Hannover studiert) kennengelernt. Er wusste von Anfang an, dass ich Diabetes Typ 1 habe und er wusste von Anfang an sehr gut damit umzugehen, nicht zuletzt, weil sein Vater auch Diabetes Typ 1 hatte. „Hatte“, weil er bereits verstorben ist.

Der Anfang unserer Beziehung war nicht ganz einfach, da ich damals noch mit meinem Ex-Freund zusammen war. Es gab viel hin und her… Ich war immer in einer Beziehung, eigentlich seitdem ich 14 bin. Nur kurz nach meiner Diabetes-Diagnose hatte ich eine Phase, in der ich dachte, dass mit mir jetzt niemand mehr zusammen sein möchte, weil ich „krank“ bin. So habe ich meine damalige Beziehung abrupt beendet und mich völlig isoliert. Es hat einige Zeit gedauert, bis ich wieder mit mir im Reinen war. Mit 17/18 Jahren kam dann das trotzige Kind in mir durch. Was hatte ich einen Hass auf den ganzen Sch… Diabetes. Nun das gehört auch dazu… Es kam dann auch die Partyzeit, in der ich nichts ausließ. Wenn ich sage nichts, dann meine ich nichts ;). Aber das gehört hier nicht her.

Nach meinem Abi kam das Studium. Mit dem Studium Hendrik und damit auch der Antrag. Einen Hochzeitsantrag in New York an einer Werbetafel zu bekommen, direkt am Time Square, ist schon was Besonderes, da kannst du auch nicht „Nein“ sagen… Haha, hätte ich sowieso nicht.

So unterstützt mich mein Mann im Alltag mit Diabetes

Nun, wie unterstützt mich Hendrik aber im Alltag mit Diabetes? Nun ja, natürlich nicht nur mit Traubenzucker! Aktuell kann ich euch sagen, dass er mir zum Hochzeitstag etwa MiaoMiao geschenkt hat. Kennt ihr sicherlich, den Reader für das FreeStyle Libre, oder? Falls nicht schaut hier: MiaoMiao

Er tut alles dafür, dass meine Blutzuckerwerte passen, dass es mir generell gut geht. Vielleicht aber auch nicht ganz uneigennützug, weil ich bei hohen und niedrigen Blutzuckerwerte nicht ganz einfach zu ertragen bin ;).

Das Stimmungsbarometer Blutzucker

Abgesehen von der Angst vor schweren Unterzuckerungen, vor der Bewusstlosigkeit müssen viele Typ-F-Diabetiker (damit meine ich Angehörige, Family, Freunde, …) die Gereiztheit, die oftmals als Symptom auftritt, aushalten. Während ich etwa bei einer Hyperglykämie (Überzuckerung/Hyper) eher depressiv gestimmt bin, bin ich bei einer Hypo auf Krawall gebürstet. Damit Hendrik das aushält, haben wir eine Regel eingeführt: Alles was ich während einer Hypo gesagt habe, das habe ich nicht gesagt. Übrigens: Unsere Kater verstecken sich lieber, wenn ich unterzuckert bin. Sie merken das natürlich auch, dass etwas nicht stimmt.

„Ich komme da nicht ran“

Wenn Insulinpumpe (OmniPod), CGM und FGM mal wieder gewechselt werden müssen und ich mir wieder neue Körperbereiche dafür aussuche, an die ich unmöglich rankomme, um sie eben vernünftig zu setzen, so dass die Nadel auch ins Unterhautfettgewebe gelangt, muss Hendrik aushelfen. So legt er Hand an und kontrolliert auch, ob etwa die Kanüle vom OmniPod richtig im Hintern steckt ;).

Die Sache mit der Geduld

Wenn meine Insulinpumpe, das Blutzuckermessgerät, CGM, FGM o. ä. nicht funktionieren, ich ohne Insulin irgendwo festsitze, raste ich aus. Klarer Fall für Hendrik, der mir das Insulin bringt, die Gerätschaften repariert, den Service anruft, während ich mich noch über die Technik oder mich selbst ärgere und alles verfluche ;). Kommentar von meinem Mann: Immer wieder faszinierend, wie sich scheinbar unumgängliche Weltuntergänge innerhalb weniger Minuten mit etwas Ruhe und überlegtem Handeln beheben lassen ;).

Die Sache mit dem Humor, den man nie verlieren sollte!

Wir bringen viel Humor ins „Spiel“. Denn diesen sollte man nie verlieren, vor allem dann nicht, wenn man sich in Selbstmitleid verstrickt. Es kommt schon mal vor, dass mir einfach zum Heulen zu Mute ist. Dann wird der Diabetes wird zu „Diabombtis“, wird auf die Schippe genommen, bis aus den traurigen Tränen, fröhliche werden. Spätestens dann, wenn mein Kater die Blutzuckerteststreifen munter in der Wohnung verteilt, werden die Sorgen in den Hintergrund gedrängt. Aber auch Kritik ist von Nöten!

Kritik, nein danke! Oder doch?

Kritik in Sachen Diabetes kann ich gar nicht gebrauchen, sie ist aber notwendig. Genau wie in anderen Lebensbereichen auch. Erst wenn mir jemand den Spiegel vorhält, wird mir oft klar, welche Dinge ich verändern muss, damit es besser läuft.

Traubenzuckerküsse am 10. Hochzeitstag

Während ich hier just darüber schreibe, wie mich mein Mann seit 14 Jahren im Alltag mit Diabetes unterstützt, liegt hier neben uns Dextro Energy Kiss und wir lachen über meinen Tick! Ich habe so viele verschiedene Traubenzuckervarianten zu Hause stehen, das ist unglaublich. Dextro Drink ist mein Favorit für den Sport, Plättchen trage ich im Alltag in der Hosentasche, Kraftstoff lagert immer im Auto… Auf den Nachtschrank steht Schulstoff, weil dieser am besten zu unseren Nachtschränken passt, die aus alten Schultischen designt sind.

Na ja und für den Hochzeitstag im Baumhaushotel passte eben Energy Kiss. Während andere einen Schuhtick haben, habe ich eben nen Traubenzuckertick.

Abschließende Worte und Tipps

Der Diabetes ist ein Vollzeit-Job und stellt uns gemeinsam Tagtäglich vor neue Herausforderungen. Es ist deshalb wichtig gemeinsam einen Weg zu finden, sich nicht unterkriegen zu lassen (die Gefahr ist vor allem bei Folge- und Begleiterkrankung leider viel zu groß). Dazu gehört im Alltag sicher auch Humor, Geduld, Verständnis aber auch Kritik. Wichtig ist, dass sich Handeln und Denken im Alltag natürlich nicht nur um und mit dem Diabetes dreht. Auch Typ F braucht unsere Hilfe und unseren Beistand. Und uns kann es übrigens auch mal schlecht gehen, wenn der Blutzucker völlig in Ordnung ist ;). Akzeptieren wir den Diabetes als unseren ständigen Begleiter, lassen ihn unseren Alltag aber nicht beherrschen…

Mein Mann ist natürlich besorgt, aber richtig „Angst“ hat er selten. Sein Vater hatte, wie oben erwähnt, auch Diabetes Typ 1 und er hat sich allein deshalb quasi schon zwangsläufig viel mit der Krankheit beschäftigt. Und wer sich mit der Krankheit vielmehr mit seinen Ängsten auseinander setzt, stellt sich diesen. Fatal wäre es, wie es einige Eltern von Kindern mit Diabetes tun (was ich teils auch nachvollziehen kann), diese zu überhüten. Das verhindert die Selbstständigkeit! Das Handeln und Denken der Mitmenschen darf sich nicht nur um und mit dem Diabetes drehen.

Ich hasse es beispielsweise, wenn ich erwähne, dass ich Kopfschmerzen, Zahnschmerzen, Schnupfen habe oder mir schwindelig ist und dann gefragt werde: „Ist dein Blutzucker nicht okay?“. Doch mein Blutzuckerwert ist okay, aber mir darf es auch mal „schlecht“ gehen, ohne dass der Diabetes daran schuld ist. Und ja ich raste auch mal aus, wenn ich nicht unterzuckert bin ;). Nur dann ist es „vielleicht“ begründet ;-P.

Der Diabetes bestimmt beeinflusst unseren Alltag, klar. Wir haben wie beschrieben unseren Weg gefunden, wie wir damit umgehen, uns nicht unterkriegen lassen (die Gefahr ist vor allem bei Folge- und Begleiterkrankung leider viel zu groß). Humor, Geduld, Verständnis aber auch Kritik und viel Miau, lässt uns entspannter damit leben.

Geteilte Freude ist doppelte Freude!Share on Google+Share on FacebookTweet about this on TwitterPin on Pinterest