Stiftung Insulinpumpen-Test – and the Oscar goes to…

So nun mal Tacheles: Ich habe so ziemlich alle Insulinpumpen und rtCGM-Systeme getestet, die derzeit auf dem deutschen Markt erhältlich sind. Ich werde oft gefragt: „Welche Insulinpumpe oder welches System gefällt dir denn nun am besten, was kannst du empfehlen?“ Empfehlen kann ich euch gar keins ;), aber ich kann sagen, was die Insulinpumpen und rtCGM-Systeme leisten, was mir persönlich (!!!) am besten gefällt und warum. Hinzu kommt, dass jeder von uns ganz andere Erwartungen und Ansprüche an die Insulinpumpe oder das rtCGM-System hat. Dazu aber auch gleich mehr.

Vorab aber noch ein wichtiger Hinweis: Ich berichte hier völlig Hersteller-neutral! Meine Meinung bleibt hier im Blog unbeeindruckt von der sämtlicher Hersteller, auch wenn sie mir tolle Dinge ermöglichen oder unverschämt nett sind 😉 . Heute möchte ich hier zunächst meine Erfahrungen mit den Insulinpumpen teilen, ein weiterer Beitrag folgt über die rtCGM-Systeme (Update, hier veröffentlicht: https://diabetes-leben.com/2019/12/rtcgm-systeme-vergleich.html). Ich schreibe kurz und prägnant, Fragen könnt ihr gerne in den Kommentaren stellen, auf die ich sehr gerne eingehe. Freuen würde ich mich natürlich auch, wenn ihr eure Erfahrungen ergänzt, da ich viele der Insulinpumpen oft nur ein paar Monate oder gar nur Wochen testen konnte.

Insulipumpen Oscar Beste Insulinpumpe

Welche Insulinpumpen habe ich getestet/ sind in Deutschland erhältlich?

Nun, die folgenden Insulinpumpen sind derzeit in Deutschland erhältlich:

Insulet OmniPod, Medtronic MiniMed 640G, Medtronic MiniMed 670G, Accu-Chek Combo, Accu-Chek Insight, Sooil DanaRS, Ypsomed YpsoPump und Medtrum A6/P6. Die Basics wie Bolusrechner, mehrere Bolusvarianten, Warnmeldungen, Datenspeicher etc. pp. haben und können sie alle.

Nun gibt es Insulinpumpen mit und ohne Schlauch, kombinierte Systeme mit CGM-Sensor wie die Medtronic 670G. Weiterhin gibt es Insulinpumpen die eher für Leute geeignet sind, die einen höheren Insulinbedarf haben und so auch welche für Leute mit niedrigeren Insulinbedarf. Dabei können Größe des Insulinreservoirs als auch minimale Basalratenschritte entscheidend sein. Weiterhin sollten Infusionssets passen. Vielleicht ist einem auch die Steuerung über App, Gewicht, Größe, Farbdisplay, Touchscreen, Batterielaufzeit/Art der Batterien, schnelle und einfache Handhabung, … wichtig? All das sind Kriterien, die für den einen mehr, für den anderen weniger ausschlaggebend sind.

Zunehmend immer wichtiger auch die Frage:

Ist die Insulinpumpe loopfähig?

Kurz zur Erläuterung: DIY-Closed-Loop-Systeme passen die Insulinzufuhr nach Bedarf an. Regulär erhältliche Insulinpumpen und CGM-Systeme kommunizieren zu diesem Zweck mit Hilfe einer Software, die von Diabetikern selbst entwickelt wurde. Die Anwender richten sich diese Systeme selbst ein!!! Loopfähige Insulinpumpen sind derweil: OmniPod, DanaRS, AccuChek Combo und Insight sowie ältere Medtronic-Modelle. Hier findet ihr eine aktualisierte Übersicht dazu: https://notwait.in/de/voraussetzungen/kompatible-cgms-und-pumpen/

Etwas aus der Reihe tanzt hier die Medtronic MiniMed 670G, die zwar mit keinem der DIY-Closed-Loop-Systeme kompatibel ist, aber dafür selbst eine Automodus genannte Loop-Funktion aufweist.

Vor- und Nachteile aller Insulinpumpen (basierend auf meiner eigenen Erfahrung)

Hinweis: Mein Testurteil fällt je nach Tragedauer der Insulinpumpe mehr oder weniger umfangreich aus. Die Accu-Chek Insight etwa hatte ich tatsächlich nur kurz antesten können.

Accu Chek Insight (loopbar)

Der Accu-Chek Aviva Insight Diabetes-Manager ist sehr langsam, bringt regelmäßig Fehlermeldungen (etwa beim Bolusvorschlag) und hat eine irritierende Menüführung.

+ Aber modernes Design, klein und leicht, (nur) vorgefüllte Ampullen verwendbar (leider nur NovoRapid), Bolus-Abgabegeschwindigkeit einstellbar, verzögerte Startfunktion des Bolus um 15, 30, 45 oder 60 Minuten – kann für Diabetiker mit Magenentleerungsstörungen (Gastroparese) durchaus interessant sein.

OmniPod (loopbar)

Keine Möglichkeit direkt über Pod Insulinabgabe zu steuern sondern nur über PDM bzw. bei DIY-Loop über Smartphone (+ Rileylink), PDM groß/sperrig/schwergängig (aber der neue Omnipod Dash mit kleinem PDM ist in Sicht). Müllproblem: Man schmeißt nach drei Tagen den Pod samt Batterie weg. Für Leute mit sehr hohem Insulinbedarf nicht geeignet (mehr als 200 I.E. in drei Tagen), Kanülenlänge nicht wählbar, Alarm bei Verschluss unerträglich laut. Bolusabgabe sehr langsam, gefühlt etwas ungenaue Insulin-Dosierung

+ Aber schlauchlos, unkompliziert, schnell, praktisch im Sport, Kanüle wird per Fernbedinung automatisch eingeführt, starkes Pflaster.

Sooil DanaRS (loopbar)

Ungewohnt/Extravagant: Gewindestange extra Bauteil, das händisch bei jedem Ampullen-Wechsel eingesetzt werden muss: Bei der DANA RS nehme ich die Gewindestange in die Hand, stecke sie selbst in das Reservoir, ziehe damit das Insulin auf und nehme einen motorisierten Inserter zur Hand, der mich dabei unterstützt, die Gewindestange auf die richtige Position zu „fahren“. Dann setze ich das Reservoir samt Gewindestange in die Insulinpumpe und muss selbständig etwas nachjustieren, wenn das Reservoir mit der Gewindestange nicht ganz fest in der Pumpe sitzt. Von Hand gebe ich auch die Insulinmenge ein, die ich in das Reservoir aufgezogen habe. Batterieproblem, nur im Fachhandel oder beim Hersteller erhältlich.

+ Aber loopbar, klein und trotzdem großes Insulinreservoir.

Hier mehr Details und meine Erfahrungen mit der DanaRS.

Ypsomed YpsoPump

Zickendes Touchscreen und Bolusrechner über App sehr fehlerhaft (Ypsomed arbeitet dran). mylife YpsoPump Orbit-Infusionssets ist 360° drehbar, aber hat sich bei mir oft gelöst/rausgedreht. Reservoir bietet leider nur Platz für 160 I. E. Insulin.

+ Aber schneller Wechsel möglich, modern, kompakt, es gibt vorgefüllte Ampullen oder man kann auch selbst befüllen, funktioniert schnell und unkompliziert mit Icons.

Hier mehr Details und meine Erfahrungen mit der YposPump.

Accu-Chek Combo

Dicker Kasten, schwergängige Tasten, älteres Pumpenmodell, sehr langsam.
+ Aber robust, Luer-Anschluss und erfüllt seinen Zweck.

Medtronic MiniMed 670G (erster offizieller Hybrid-Loop)

Funktioniert im Automodus leider zu konservativ (Zulassungsbehörden stehen im Weg), Zielwert 120 mg/dl (mir persönlich zu hoch), im Sport max. 150 mg/dl (mir persönlich zu niedrig). Auto-Basalrate kann eigenständig temporär im Automodus nicht angepasst werden. Zu viele Kalibrationen nötig (mindestens zwei, aber das reichte bei mir nicht aus), zu scharfer Sicherheitsmechanismus. Sensor misst bei mir vergleichsweise sehr ungenau und hat nicht selten nach drei/vier Tagen komplett versagt.

+ Sicher eine gute Wahl für Diabetiker, die mit dem Enlite-Sensoren gut klar kommen noch keine Loop-Erfahrung haben und nicht „inoffiziell“ loopen möchten, weil sie sich das beispielsweise technisch nicht zutrauen oder Unterstützung/Beratung/Hilfe seitens des Arztes in Anspruch nehmen möchten, da Mediziner bisher den Einsatz der Systeme weder empfehlen noch unterstützen dürfen. Krankenkassen leisten zwar bei offiziell zugelassenen Systemen und Geräten Unterstützung, werden sich bei Unfällen jedoch auch heraushalten. Hersteller können nicht zur Verantwortung gezogen werden, wenn ihre Hardware anders genutzt wird als von ihnen vorgesehen. Hinweis: Die 670G ist auch ohne Automodus nutzbar und in dieser Form verwendet eine solide Pumpe.

Medtrum TouchCare A6

Eigentlich aufgrund der Patentklage und der ungenauen Sensoren nicht mehr erwähnenswert. Das System bietet eine automatische Abschaltung bei zu niedrigen Blutzuckerwerten, wie man das von der 640G von Medtronic kennt. Nutzt aber nichts, wenn der Sensor des zugehörigen CGM-Systems völlig falsch misst!

+ Aber einzige Insulin-Patch-Pumpe mit Stahlkanüle (5 mm), nun über die 3 Tage Liegedauer bei Stahlkanülen kann man sich streiten. Man hat die Möglichkeit, die Insulinpumpe „geräuschlos“ bzw. auf Vibration stellen zu können. Beim OmniPod ist dies nicht möglich. Die Medtrum-Patch-Pumpe vibriert auch am Patch-Behälter. Setzen des Sensors einfach bei vergleichsweise wenig Müll. Wer nachlässig mit der Kalibrierung ist, darf seine Werte trotzdem noch einsehen.

So ihr seht der Markt ist überschaubar und ich bin gespannt, was uns da noch erwartet:

  • Accu-Chek Solo: Modulare Patch-Pumpe, die leider nicht wasserdicht ist.
  • Tandem tslim:x2: Schicke Designerpumpe (mit Loop)
  • Kaleido: Mischung aus Patch-Pumpe und klassischer Insulinpumpe (mit Loop)
  • Omnipod Dash: Omnipd mit Bluetooth und kompaktem PDM
  • …???

Lassen wir uns überraschen.

Meine persönlichen Favoriten and the Oscar goes to…

Meine persönlichen Favoriten sind OmniPod, YpsoPump und DanaRS trotz der oben geschilderten Nachteile, die sie auch mitbringen. Warum? Für mich sind wichtige Entscheidungskriterien Zeit und die Geduld, sowie die Flexibilität im Sport (da dieser bei mir Alltag ist). Es muss schnell gehen und dabei problemlos funktionieren. OmniPod und YpsoPump sind schnell und problemlos. Für die DanaRS braucht man zwar etwas mehr Zeit im Alltag, aber sie ist loopfähig mit AndroidAPS und sie hat mir die bisher besten Blutzuckerwerte beschert, beste Time in Range ever, Traubenzuckerverbrauch ging gegen 0. Liegt mit unter auch daran, das AndroidAPS mir mehr Feintuning erlaubt als iOS LOOP und an der im Gegensatz zum Omnipod genaueren Insulin-Abgabe (so zumindest mein Eindruck).

Nun da die YpsoPump nicht loopfähig ist, die DanaRS samt DIY-Loop mehr Zeit und Geduld benötigt als der OmniPod samt LOOP und ich iOS-Nutzer bin… goes the Oscar to OmniPod mit LOOP.

Geteilte Freude ist doppelte Freude!Share on Google+Share on FacebookTweet about this on TwitterPin on Pinterest